Juni 2017
Zeltlager in Elster
83 Kinder sind müde, aber glücklich
30.06.2017
„Ich hole heute Abend die Kinder ab!“ Mit diesen Worten verabschiedet sich Bianka Ulbrich am Freitagmorgen nach dem Küchendienst im Elsteraner Kinderzeltlager vom Betreuerteam. Als Chefin Sabine Hoffmann mehr im Scherz sagt: „Das will ich doch hoffen!“, setzt die Mutter von Zwillingen, die hier fünf erlebnisreiche Tage verbracht haben, noch eins drauf: „Es war so richtig entspannt zu Hause!“.
83 Mädchen und Jungen zwischen sieben und zwölf Jahren „das sind schon zwei Sack Flöhe“, sagt Betreuer Steven Patzek. Weshalb Sabine Hoffmann nach dem offiziellen Ende des Ferienlagers dem Team erst einmal Feierabend verkündet hat. Abgebaut wird Sonnabend.
Die Chefin selbst ist ebenfalls sichtlich geschafft, aber auch glücklich, dass das Zeltlager nach dem stürmischen Auftakt noch vor der Eröffnung ohne besondere Vorkommnisse zu Ende gegangen ist. Dabei hatte es die letzte Nacht schon noch einmal in sich.
Seit Donnerstagnachmittag jagte ein Schauer den nächsten, es goss in Strömen - in einigen Zelten der Kinder tröpfelte es schon, als sie vom Kinoabend im Schiffchen-Saal heimgekehrt waren. So kam es zur Zelt-in-Zelt-Lösung, einige Kinder bauten vor dem Schlafengehen ihre kleinen Villen im großen Betreuerzelt auf. Über Nacht stießen weitere Kinder mit ihren Isomatten und Schlafsäcken dazu.
„Ganz schön müde“ ist der zehnjährige Martin am letzten Morgen. Zu viert haben sie in einem Zelt geschlafen. „Wir haben auch abends immer lange gequatscht“ erzählt er. „Und wenn die Züge vorbei gefahren sind, hat man das ganz laut gehört.“
Schatten unter den Augen haben auch Meggi, Emma, Nora und Lena - aber bei genauem Hinsehen entpuppen sich diese als die Reste vom Kinderschminken am Donnerstagnachmittag. Das war neben der Torwand der Beitrag des Kreissportbunds für den Nachmittag am Bootshaus.
Auch die Radsportabteilung von Grün-Weiß Piesteritz und natürlich der Kanuverein selbst haben den Nachmittag mit gestaltet. Was Wunder, dass die Kinder geschafft waren, als der Filmabend bei Popcorn und Brause, spendiert von Michael Kulze, begann und manche den zweiten Film nach „Trolls“ nicht mitbekamen, weil sie eingeschlafen waren, wie Emma erzählt. Zumal sich die Kinder bequem auf dem Boden lümmeln konnten.
Den Aufenthalt im Freizeitpark Belantis nennen alle Kinder als den absoluten Höhepunkt. Wellenrutsche, Achterbahn, die Pyramide, wo man mit einem Schlitten hochgezogen wird und dann runtersaust - Nick, Merlin und Moritz kommen aus dem Schwärmen nicht heraus.
Lediglich der für Freitag geplante Badetag im Zahnaer Freibad ist dem Wetter zum Opfer gefallen. Statt dessen können die Kinder im Jugendclub spielen oder in der Sporthalle toben. Einige bleiben auch im Verpflegungszelt bei Gesellschaftsspielen und vertilgen die vom Frühstück übrig gebliebenen Nutella-Brötchen und Mini-Salamis.
„Das waren die Renner beim Frühstück“, erzählt Dietmar Menzel. Er und seine Frau Angelika sowie Christel Schulze gehören zu den Großeltern und Müttern, die den Kindern das Frühstück und das Abendessen zubereitet haben.
Text: Ute Otto
Fotos: Medientreff - Sabine Hoffmann
Initiative Elbschwimmstaffel erreicht unter frenetischem Beifall Elster
29.06.2017
Die Elbschwimmstaffel „Meere und Ozeane“ von Dresden nach Geetshacht hat am Donnerstagabend mit Elster den sechsten Etappenort und damit Sachsen-Anhalt erreicht.
Unter frenetischem Beifall von 80 Teilnehmern des Elsteraner Kinderzeltlager und weiteren Elsteraner stieg als letzte Schwimmerin des Tages die 81-jährige Hella Kuhnt aus Meißen am Bootshaus aus dem Wasser.
Mit ihr hatten sich ihr Sohn Bernhard Kuhnt und Dominik Rösch am Nachmittag über je zwei Kilometer abgewechselt. Ortsbürgermeister Wolfgang Fröbe überreichte ihnen die Ehrenmedaillen. Catharina Höse, Jasmin Müller, Merlin Hoffmann und Louis Remme vom Elsteraner Kinderzeltlager überreichten allen vier Schwimmern die aktuelle Zeltlagerplakete. Später meinte einer der Schwimmer zu den Kindern, das ihn diese Zeltlagerplakete mehr wert wäre wie die aktuelle Medaille. 200 Schwimmer haben sich für die 575 Kilometer lange Staffel über 19 Etappenorte angemeldet, prominente Sportler, aber auch Frauen und Männer, die einfach nur Spaß am Schwimmen haben und die Elbe lieben.
Mit der Initiative im Wissenschaftsjahr Meere und Ozeane will das Bundesforschungsministerium darauf aufmerksam machen, dass der Schutz der Meere an den Flüssen beginnt. Begleitet werden die Schwimmer von Wissenschaftlern, die verschiedene Untersuchungen am und im Fluss vornehmen. Start war am 24. Juni, Ankunft in Geetshacht soll am 12. Juli sein.
Text: Ute Otto
Fotos: Medientreff - Sabine Hoffmann
Kinderzeltlager im Freizeitpark
Gewitterschäden und Hubsteiger
26.06.2017
Große Freude herrschte bei den Teilnehmern sowie den Organisatoren und Helfern des sechsten Kinderzeltlagers im Freizeitpark Elster - trotz der Schäden durch das Gewitter am Freitag, bei dem zwei Zelte kaputtgingen und auch mehrere Kühlschränke unbrauchbar wurden. Dass das Lager dennoch rechtzeitig gestartet werden konnte, ist dem Einsatz und der Unterstützung von Unternehmen der Stadt Zahna-Elster und auch der Eltern zu verdanken.
Einen Höhepunkt gab es gleich am ersten Tag: Zahnas Wehrleiter Matthias Schneider war mit dem Hubsteiger gekommen. Von diesem aus wurden nicht nur Fotos gemacht, sondern wer von den Mädchen und Jungen wollte, konnte sich in Begleitung eines Erwachsenen den Ort und natürlich auch das Zeltlager von oben betrachten.
Text: Boris Canje
Fotos: Medientreff - Sabine Hoffmann
Erster SR 1 noch immer der ganze Stolz
Oldtimer 250 alte Zwei- und Vierräder sind in Külso zu bewundern.
18.06.2017
Die drei Elsteraner Oldtimerfreunde Peter Schulze, Jörg Betke und Werner Thiele sind nach dem vierten, das an der Külsoer Mühle stattfand, zufrieden. Gehofft hatten sie, dass die Vorjahreszahl von 160 Fahrzeugen überboten wird. Am Ende zählten sie 250.
Alte Motorräder und Mopeds, liebevoll restaurierte PKW und sogar uralte Fahrräder wurden präsentiert. Peter Schulze erklärt die Faszination: „Es ist einfach schön, alte Technik wieder zum Leben zu erwecken, ihre Herzen erneut zum Schlagen zu bringen.“ Tipps zum Ausmerzen des einen oder anderen Makels wurden ebenso gegeben, wie Adressen zum Beziehen erforderlicher Erzatzteile ausgetauscht.
Natürlich können die Elsteraner Oldtimerfreunde nicht zu einem Treffen einladen, ohne sich in ihrem Wohnort sehen zu lassen. An dieser Ausfahrt nahmen immerhin 78 alte Fahrzeuge teil. Selbst gestaltete Pokale stehen seit dem ersten Treffen, zu dem die Oldtimerfreunde eingeladen hatten, damals noch am Bootshaus in Elster, hoch im Kurs. In verschiedenen Kategorien gab es sie auch diesmal wieder. So hatte Ric Wohlfahrt aus Ludwigsfelde die weiteste Anreise hinter sich, gemeistert in seinem Trabant 601. Nach Meinung der Jury präsentierte der Seydaer Dietmar Krüger mit seinem Wolga M 21 das schönste Auto. Bei den Zweirädern ging diese Ehrung an den Schadewalder Jens Kühnast mit seinem schwarz-weißen Berliner Roller. Bernd Maywald aus Jüterbog war mit seinen 82 Jahren der älteste Teilnehmer. Mit dabei hatte er seinen SR 1, den er selbst im Laden in Jüterbog gekauft und bar bezahlt hatte.
Für die Mannschaft um Peter Schulze, Jörg Betke und Werner Thiele steht jedenfalls fest, auch im kommenden Jahr wird es an der Külsoer Mühle wieder ein Oldtimertreffen geben. Sie haben den festen Willen, diese Tradition am Leben zu halten. Nebenbei hoffen sie, unter den vielen Jugendlichen, die zu den Treffen kommen, weitere Mitstreiter zu finden. In der Mannschaft der Külsoer Mühle haben sie einen Partner, der auch künftig die große Wiese zur Verfügung stellen wird.
Text: Boris Canje
Fotos: Medientreff - Sabine Hoffmann
Heporö in Zemnick
Suchtkranke finden Optimismus wieder
16.06.2017
Wenn man es genau nähme, wäre das schon das 24. Treffen der „Ehemaligen“. Peter Slavicek, seit fünf Jahren Heimleiter der Zemnicker Einrichtung für suchtkranke Frauen und Männer, arbeitet hier seit 1994 und ein gewisser Stolz auf das durch die vier Standbeine der Heporö gGmbH Geleistete ist ihm anzumerken.
Neben dem Übergangswohnheim in Zemnick, dem Rösenhof in Meltendorf, den er ebenfalls leitet, gibt es da noch das Intensiv betreute Wohnen in Gielsdorf und das Ambulant betreute Wohnen in Jessen, Elster und Meltendorf. In allen vier Standorten werden derzeit 80 Männer und Frauen betreut.
Hier in Zemnick sind es 27. Zumeist sind die 30 Plätze gut belegt, wobei der Anteil der Männer stets größer ist als der der Frauen.
Zumeist für 18 Monate
„Leider“, so die Heporö-Geschäftsführerin Simone Rohde, „nimmt der Anteil der Mehrfachdiagnosen zu. Da kommt zu den Alkoholproblemen auch noch der Missbrauch anderer Drogen.“ Nach einem dreimonatigen Aufenthalt in einer Fachklinik, wo die Patienten beweisen müssen, dass der Wille zum Ausstieg aus der Sucht vorhanden ist, leben sie im Anschluss hier im Schnitt 18 Monate.
Der Erfolg der Heporö gGmbH als nichtklinischer Einrichtung begründet sich einerseits in der aufopfernden fachlichen Betreuung, andererseits in ihrer Spezifik. Das mehrere Hektar umfassende Gelände bietet Raum für die Bewohner, sich zu beschäftigen. Schweine und Esel sind sozusagen Co-Therapeuten. Ihnen kann man durchaus sein Herz ausschütten. Gleich neben dem Auslauf für die Esel hatten fleißige Hände schon ein Pflanzloch ausgehoben, denn traditionsgemäß wird zum Hausfest ein Baum gepflanzt.
Pfarrer Thomas Meinhof begleitete die Aktion musikalisch und mit Worten: „Viele, die hier wohnen, wissen, wie es ist, wenn eine Welt zusammenbricht. Aber sie haben für sich einen neuen Weg gefunden. So wie Luther, der auch erst einmal allein stand. Luther hat in Vertrauen auf Gott und die heilige Schrift die Welt verändert. Das kann nicht jeder. Aber sich selbst ändern, das kann man schon.“
Und der Pfarrer zitierte die bekannte Aussage des Reformators: „Und wenn morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch einen Apfelbaum pflanzen.“ Das Apfelbäumchen der Sorte Boskoop wurde in die Erde gesetzt und neben anderem von der fast dreijährigen Amelie aus Wittenberg reichlich angegossen.
Die Zeit in Zemnick soll ein Brückenschlag in ein neues, ganz normales Leben sein. So hatte es 1993 Friedhelm Röse konzipiert und in diesem Sinne führt seine Tochter als Geschäftsführerin die Arbeit fort. Die Verbundenheit ehemaliger Bewohner mit Zemnick ist nach wie vor groß, denn immerhin 70 kamen und einige berichteten über ihre Zeit in dem Übergangswohnheim und wie es ihnen heute geht.
Das frühere Schullandheim, welches umgebaut und modernisiert nun die Einrichtung beherbergt, bezeichnen viele von ihnen als „Ort ihrer zweiten Geburt“. Durch solche Aussagen sehen sich die Heporö-Mitarbeiter belohnt und sie spornen jene an, die noch einige Zeit vor sich haben.
Stets Ansprechpartner
So wie Knut Peukert. Der 56-jährige Hallenser, der nach einer trockenen Zeit vor 14 Jahren doch wieder abstürzte, will es diesmal wissen. „Hier hat man die gleichen Probleme wie draußen. Aber hier hat man Ansprechpartner, die helfen.“
Zur Zeit lebt er im Intensiv betreuten Wohnen in Meltendorf und kommt zur Therapie herüber. Als großes Glück sieht er, dass es wieder Kontakt zu seinem erwachsenen Sohn gibt. Der hatte mit sich gerungen und letztlich gesagt: „Du bist doch mein Papa und jetzt kann ich auch wieder stolz auf dich sein.“
Vor der Therapie sei er, so erzählt Peukert, in Selbstmitleid zerflossen. Haus weg, Familie weg, Auto weg. Doch das brachte ihn nicht weiter. „Heute sehe ich wieder optimistisch in die Zukunft. Aber Wünsche und Träume habe ich noch. Eine neue Partnerin beispielsweise. Einfach ein kleines Glück.Das möchte ich noch mal haben.“
Grit Hildebrandt (47) aus Leipzig kann da nur zustimmen. Sie hat ihre Therapie vor zwei Jahren erfolgreich beendet und sagt: „Das hier war eine harte Schule. Aber ich habe meine Zufriedenheit wiedergefunden. Ich lernte und lerne erneut eine Tagesstruktur und was draußen wichtig ist.“ Allerdings verrieten beide der MZ, dass sie trotz allem noch ein klein wenig süchtig sind: „Unsere Ersatzdrogen heißen Kaffee und Süßigkeiten.“
Text und Foto: Evelyn Jochade
Wollte älteres Paar Selbstmord begehen?
Mann steuert Auto mit seiner Frau in die Elbe
09.06.2017
Früher Freitagnachmittag. Auf der Elbpromenade in Elster sind vor 14 Uhr einige Einheimische, aber auch etliche Radtouristen unterwegs. Die Elsteraner Elbfähre liegt am Wartenburger Ufer, übergesetzte Fahrzeuge verlassen die „Schwimmbrücke“. Plötzlich legt ein älterer Fahrer den Rückwärtsgang ein, durchbricht die wasserseitige Schranke der Fähre und stürzt mit seinem Pkw und seiner Frau darin in den Strom.
So etwa lässt sich das dramatische Geschehen anhand der Schilderungen von Zeugen vor Ort rekonstruieren.
Das Auto gerät in die Strömung und beginnt wohl relativ schnell zu sinken. Der 65-jährigen Frau gelingt es, durch eine heruntergelassene Scheibe des Pkw ins Freie, sprich ins Wasser zu gelangen und zu einer nahen Buhne zu schwimmen. Dort helfen ihr zwei hinzugeeilte Bürger aus der Elbe. Sie wird später von Rettungsdienst und Notärztin versorgt und zur genaueren Untersuchung bzw. Beobachtung ins Krankenhaus gefahren.
Der Wagen des aus Prettin stammenden Ehepaars versinkt vollends im Strom. Konnte der 70-jährige Fahrer ebenfalls aus dem Pkw kriechen? Ist er noch drin oder treibt er bereits weiter elbabwärts? Der SAR-Hubschrauber der Bundeswehr aus Holzdorf und später auch ein Helikopter der Polizei drehen Runden von Elster in Richtung Iserbegka, können aber niemanden entdecken.
Inzwischen haben Kameraden der alarmierten Feuerwehren (Elster, Gallin, Mühlanger) Boote zu Wasser gelassen. Elsteraner Einsatzkräfte schaffen es, das Auto nahe der Stelle, wo es zuletzt gesichtet wurde, ausfindig zu machen. Sie halten die Position lange mit ihrem Boot. Als fest steht, das zur Bergung des Pkw Taucher der DLRG benötigt werden, markieren Feuerwehrleute das Fahrzeug mit einer Boje.
Etwa zwei Stunden später treffen die Taucher der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft aus Zerbst ein. Einer von ihnen versucht, unter Wasser ein Seil an dem Wagen zu befestigen. Dabei kommt es abermals zu einem dramatischen Zwischenfall: Er verletzt sich und bekommt Kreislaufprobleme. Nachdem man ihn aus der Elbe heraus geholt hat, wird er mit Notarztbegleitung ebenfalls ins Krankenhaus gebracht.
Schließlich muss ein in Elster liegendes Arbeitsschiff des Wasserschifffahrtsamts ran. Mit der Schaufel eines Baggers hebt es das Autowrack an und transportiert es zur nächsten Buhne, wo es die Feuerwehr gegen 17.45 Uhr per Seilzug an Land holt. Dann wird zur traurigen Gewissheit, was die Rettungskräfte schon lange vermutet haben: Der Mann befindet sich noch in dem Pkw und er ist tot.
Nachdenklich stimmen Berichte von Zeugen - von der Fähre bzw. aus dem Kreis jener, die mit der Frau gesprochen haben - wonach sich der 70-jährige absichtlich in die Fluten gestürzt habe.
Drei Feuerwehren werden zur Suche bzw. Bergung von Fahrer und Pkw aus der Elbe in Elster beordert. Zudem Polizei (mit Helikopter), Rettungshubschrauber, Rettungsdienst und Notärztin, Wasserschutzpolizei, Wasserschifffahrtsamt sowie Taucher der DLRG.
Text und Fotos: Detlef Mayer
Warnstreik bei Empl
Fahrzeugbauer in Elster sieht Rot
01.06.2017
Die Trillerpfeifen sind nicht zu überhören. Ebenso der Ruf: „Wir sind bereit für Streik!“ „Was wollt ihr?“, fragt Lars Buchholz vom IG-Metall-Büro Dessau-Roßlau übers Megafon und die 40 bis 50 vorm Tor des Fahrzeugbauers Empl in Elster Versammelten antworten: „Tarifvertrag!“ „Wann?“, hakt Lars Buchholz nach. „Jetzt!“, schallt es laut zurück.
Mit dem einstündigen Warnstreik am Donnerstagmittag wollen die gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten von Empl Deutschland ihrer Forderung nach dem Einstieg in den Flächentarifvertrag Sachsen-Anhalt des Kfz-Gewerbes Nachdruck verleihen. Immerhin 85 der insgesamt 120 Empl-Arbeiter seien in der IG Metall, sagt Tobias Kloppisch, Gewerkschafts-Vertrauensmann im Werk.
Lars Buchholz nennt die wichtigsten Punkte des Tarifvertrags: 2.384 Euro Facharbeiterecklohn, 37 Stunden Arbeitszeit pro Woche und 29 Tage Urlaub. Derzeit zahlt Empl in Elster im Schnitt wohl zehn Euro die Stunde.
„Ich rufe der Geschäftsleitung entgegen, dass Löhne kurz über dem Mindestlohn nichts, aber auch gar nichts mit sozialer Verantwortung zu tun haben“, so Markus Wente - von der IG Metall Hannover und in Elster Verhandlungsführer - in seiner Rede vor den Versammelten. Die sind für den Kurzausstand in rote T-Shirts geschlüpft, auf denen das Gewerkschaftsmotto „WIR für MEHR“ der aktuellen Kfz-Tarifrunde prangt.
Es gibt Transparente, IGM-Fahnen, leuchtfarbene Sicherheitswesten, belegte Brötchen, Kaffee, Wasser und aufrüttelnde Musik.
Erst vor anderthalb, zwei Monaten hat sich die Gewerkschaftsgruppe bei Empl gefunden. Mit über zwei Dritteln der Belegschaft habe sie in kurzer Zeit einen hohen Organisationsgrad erreicht, erkennt Lars Buchholz an. Zu ihren Mitbegründern gehört Tobias Kloppisch.
Dass am Donnerstag nicht alle 85 IG-Metaller vor dem Werkstor standen, begründet er mit der fehlenden zweiten Schweißer-Schicht, Urlaub, anderen Verpflichtungen und Krankheit. Vielleicht, so die Vermutung in der Runde, hätten sich einige Leute auch einschüchtern lassen durch den Brief der Geschäftsführung, der am Vortage an die Belegschaft verteilt wurde.
Darin ist u.a. von einem eventuellen Stopp für den geplanten Hallen-Neubau in Elster und von Verhandlungen zur Auslagerung einiger Abteilungen mit Anpassung des Mitarbeiterstandes als unausweichliche Folgen der aktuellen Ereignisse die Rede.
Erpressung - argwöhnt die IG Metall und Markus Wente fordert: „Respekt der Leistung gegenüber, die ihr jeden Tag seit der Unternehmensgründung 1992 erbringt! Und womit die Geschäftsführung allein 2014 eine Rendite von über 15 Prozent erwirtschaftet hat!“ Die Marschrichtung der IGM daher: stufenweise Einführung des Flächentarifvertrags.
Eine erste Zusammenkunft mit der Geschäftsleitung am 23. Mai hat außer gegenseitigen Blockadevorwürfen aber wenig gebracht. Ein nächster Gesprächstermin am 27./28. Juni ist der Gewerkschaft zu spät und der angebotene Haustarifvertrag keine wirkliche Option für sie.
Uwe Göbel, Empl-Geschäftsführer in Elster, beteuert gegenüber der MZ: Ein schneller Tarifeinstieg sei nicht zu stemmen. Da gehe es um Millionen Euro. „So viel Luft hat das Unternehmen nicht.“ Man müsse wegen der Marktschwankungen Rücklagen bilden und investieren können, um wirtschaftlich am Ball zu bleiben.
Seit zehn Jahren hebe man die Löhne ja kontinuierlich an, zuletzt sogar um 3,5 Prozent, und wolle dies auch fortführen, deshalb der vorgeschlagene Haustarifvertrag. Tobias Kloppisch hingegen versichert: „Bei ihrem jetzigen Verdienst kämpfen einige Leute von Monat zu Monat, um finanziell klarzukommen.“
Text und Foto: Detlef Mayer